VISIONSARBEIT

ECKDATEN

Bereich: Präzisierung der Geschäftsidee
Dauer: ca. 3 Stunden
Ideale Gruppengröße: 6-12 Personen
Moderationsniveau: mittel
Materialien:
Wachsmalstifte, DIN-A4-Papier, Moderationskarten in verschiedenen Farben, Fläche zur Visualisierung (Pinnwand, Whiteboard, Poster, o.ä.), Befestigungsmaterial (Magnete, Pinnadeln, Klebeband), Timer
Ziel:
Ausarbeitung einer konkreten Vision für die Geschäftsidee, gemeinsame Zielvorstellung für das Team entwickeln
Outcome:
Ausformulierte Vision


Methode


Um eine Geschäftsidee umzusetzen ist es elementar, dass eine klare Vision vorhanden ist, die das Team motiviert und eine richtungsweisende Wirkung hat. Eine Vision ist eine gemeinsame Zielvorstellung des Zustandes, der angestrebt wird und repräsentiert das Idealbild des Vorhabens. Mit einer Vision wird also die Richtung angegeben, in die sich die Geschäftsidee entwickeln soll und verdeutlicht, wofür das Vorhaben in Zukunft stehen möchte. Eine Vision sollte im Präsens und in aktiver Sprache formuliert sein, auch wenn Sie sich auf die Zukunft bezieht. Außerdem sollte sie möglichst einfach und verständlich formuliert sein und in ein bis zwei präzisen Sätzen festgehalten werden.

Visionen haben immer eine stark emotionale Komponente und können demnach sehr individuell sein. Darum ist es wichtig, sich möglichst früh zu der Vision eines Vorhabens auszutauschen und die verschiedenen Ansichten und Blickwinkel der Beteiligten auf einen Nenner zu bringen. Nur so kann sichergestellt werden, dass alle an einem Strang ziehen. Die klare Formulierung einer gemeinsamen Vision wird jedoch oft vernachlässigt.

Mit der Methode „Visionsarbeit“, entwickelt von Prof. Dr. Henning Schulze, können Visionen für ein Vorhaben strukturiert und kreativ erarbeitet werden. Bei dieser Methode wird es den Teilnehmenden ermöglicht, ihre persönliche Vision visuell zum Ausdruck zu bringen und so Zugang zu der emotionalen Ebene der Vision zu finden. Diese Methode kann gut in Kombination mit der Golden Circle-Methode angewandt werden. In einem Workshop könnte zunächst die Visionsarbeit durchgeführt und dann als Ausgangspunkt für die Erarbeitung eines gemeinsamen Narrativs mit der Golden Circle-Methode genutzt werden.


Vorgehen


Vorbereitung | 20 Minuten
Legen Sie DIN-A4-Papier und bunte Wachsmalstifte sowie Moderationskarten in verschiedenen Farben für die Teilnehmenden bereit. Stellen Sie außerdem sicher, dass es eine Fläche (Whiteboard, Tafel, Pinnwand o.Ä.) gibt an der Sie die Ergebnisse der Teilnehmenden aufhängen können.

Durchführung
| 1 – 1,5 Stunden
• SCHRITT 0 – INTRO | 5 MINUTEN
Vorstellungsrunde, Begrüßung, Erwartungen klären, Ablauf vorstellen, Warmup

Tipp:
Lesen Sie zur Gestaltung des Intros die Anleitung „Grundlagen für Workshops“

Tipp:
Der Workshop hat einen stark kreativen Charakter. In manchen Fällen haben Teilnehmende es schwer sich auf dieses kreative Arbeiten einzulassen. Durch ein entsprechendes Warm-up kann der Einstieg erleichtert werden. Hier finden Sie einige
Vorschläge für Warm-ups, beispielsweise bietet sich eine Übung an, bei der die Teilnehmenden sich gegenseitige porträtieren. Ziel dabei ist es aufzuzeigen, dass es nicht um perfekte Zeichnungen geht und dadurch den Teilnehmenden die Hemmungen zu nehmen.
• SCHRITT 1 – SCOPE FESTLEGEN UND ERLÄUTERUNG DES VISIONSBEGRIFFS | 5 MINUTEN
Stimmen Sie sich zu Beginn mit den Teilnehmenden zu Zielen und Umfang des Workshops ab. Erläutern Sie außerdem, was eine Vision ist und warum die Formulierung einer klaren Vision wichtig ist (siehe oben unter „Methode“).

Tipp:
Zu einem besseren Verständnis des Visionsbegriffs grenzen Sie „Vision“ und „Mission“ voneinander ab: Während eine Vision für ein übergeordnetes Ziel bzw. einen angestrebten Zustand in der Zukunft steht, beschreibt die Mission den Unternehmenszweck. Die Mission bringt auf den Punkt, warum es das Unternehmen gibt und welchen Nutzen es liefert. Bei der Vision geht es insgesamt eher um die Formulierung eines inspirierenden Statements, während die Mission vorrangig der Orientierung dient. Illustrieren Sie den Unterschied am besten an einem Beispiel(2):
Vision Amazon:
„Our vision is to be earth’s most customer-centric company; to build a place where people can come to find and discover anything they might want to buy online.“
Aus dieser Vision wird deutlich, dass Amazon anstrebt, weltweit zu agieren, einen starken Fokus auf seine Kund:innen legt und ein sehr breites Sortiment an Produkten anbietet, das alles abdecken soll, was es online zu kaufen gibt (übergeordnete Ziele und angestrebter Zustand).
Mission Amazon:
„We strive to offer our customers the lowest possible prices, the best available selection, and the utmost convenience.”
Es werden also niedrige Preise, große Auswahl und hohe Bequemlichkeit für Kund:innen als Unternehmenszweck und Kernkompetenzen von Amazon dargestellt.
• SCHRITT 2 – KREATIVPHASE | 10-15 MINUTEN
Im ersten Schritt sollen die Teilnehmenden ihre Vision für das Vorhaben auf einem A4-Blatt aufmalen. Bitten Sie die Teilnehmenden, sich verschiedenfarbige Wachsmalstifte und ein Blatt Papier zu nehmen und darüber nachzudenken,
o wohin sich die Geschäftsidee entwickeln soll.
o wo sie das Vorhaben in fünf Jahren sehen.
o was ihre Arbeit für sie ausmacht.
o was ihre persönliche Vision für das Vorhaben ist.
Alle suchen sich eine ruhige Ecke und arbeiten zunächst für sich. Die Teilnehmenden sollen sich dabei nicht unterhalten und konzentriert arbeiten. Bitten Sie die Teilnehmenden, nach dem Aufmalen ihrer Vision, ihr Bild an die Visualisierungsfläche zu heften, wenn sie fertig sind.

Tipp
:
Weisen Sie die Teilnehmenden darauf hin, dass Kunst und ein „schönes“ Ergebnis keine Rolle spielen. Es geht nicht darum, etwas gut zu zeichnen, sondern die eigenen inneren Bilder und Ideen zu visualisieren.
• SCHRITT 3 – GALERIE | 10 MINUTEN
Bitten Sie die Teilnehmenden nun, ihre Bilder in die „Galerie“ zu hängen und im Anschluss in Ruhe durch die entstandene Bildergalerie zu gehen. Dabei sollen die Bilder betrachtet werden, ohne zu sprechen. Die Bilder werden nicht kommentiert oder diskutiert. Die Teilnehmenden sollen für sich allein mit den Bildern umgehen.

• SCHRITT 4 – BILDERAUSWAHL | 5 MINUTEN

Nachdem die Bilder ausgiebig betrachtet wurden, wählt jede:r Teilnehmende ein Bild aus, das ihn oder sie anspricht. Dabei darf niemand das eigene Bild aussuchen.
• SCHRITT 5 – PRÄSENTATION UND KONSOLIDIERUNG |15 MINUTEN
Verteilen Sie gelbe Moderationskarten an alle. Bitten Sie die Teilnehmenden nun das Bild, das sie sich ausgesucht haben, zu beschreiben und zu interpretieren. Die Teilnehmenden sollen sich in Ruhe mit den Bildern ihrer Kolleg:innen befassen und ihre Gedanken zu Inhalt, Bedeutung und Wirkung der Bilder stichwortartig festhalten. Wichtig ist, dass die Ideen und Gedanken so formuliert werden, dass sie ohne weitere Erläuterungen und nur durch das Lesen der Karte verständlich sind.
Sammeln Sie am Ende alle Moderationskarten mit den Interpretationsergebnissen ein und mischen Sie diese gut durch.

Tipp
:
Betonen Sie, dass es nicht darum geht, die Bilder zu bewerten. Es ist wichtig, dass die Bilder lediglich in ihrer Wirkung und ihren Eigenschaften beschrieben werden und von jeglicher Beurteilung abgesehen wird. Dabei können Lage-, Kommunikations-, Informationsbeziehungen zwischen Organisationseinheiten/Rollen/Aktivitäten benannt werden, Besonderheiten oder Alleinstellungsmerkmale beschrieben werden.
• SCHRITT 6 – AUSWERTUNG | 10-15 MINUTEN
Nun werden die Interpretationen der einzelnen Teilnehmenden zusammengeführt. Teilen Sie die Teilnehmenden dafür in Kleingruppen von maximal vier Personen auf. Verteilen Sie die durchmischten Karten an die Kleingruppen, dabei erhält jede Gruppe gleich viele Karten. Bitten Sie die Teilnehmenden die Inhalte der Karten in ihrer Kleingruppe zu diskutieren und als Vision zusammenzufassen. Verteilen Sie dafür grüne Moderationskarten (zwei bis drei pro Gruppe) auf denen die Teilnehmenden die Visionen in kurzen Sätzen zusammenfassen.
• SCHRITT 7 – SAMMLUNG DER AUSWERTUNG | 5 MINUTEN
Sammeln Sie am Ende die Moderationskarten der Teilnehmenden ein und lesen Sie diese laut vor, bevor Sie sie an die Moderationswand heften.
• SCHRITT 8 – DISKUSSION UND KONSOLIDIERUNG | 20-30 MINUTEN
Diskutieren Sie gemeinsam mit den Teilnehmenden die Inhalte der Karten. Bitten Sie die Teilnehmenden, auf Basis der Ergebnisse konkrete Vorschläge für die Ausformulierung der Vision zu machen. Regen Sie eine Diskussion unter den Teilnehmenden an. Ziel ist, dass am Ende dieser Phase eine klar formulierte Vision für das Vorhaben steht. Nutzen Sie eine Flipchart oder weitere Moderationskarten, um Formulierungsvorschläge und das Endergebnis festzuhalten. Haben die Teilnehmenden Probleme mit der Formulierung der Vision können Sie Hilfestellungen geben, achten Sie aber darauf, dass Sie nicht inhaltlich eingreifen. Die Dauer des letzten Schritts hängt stark von dem Diskussionsbedarf und der Diskussionsfreude der Teilnehmenden ab. Wenn Sie ein Ergebnis erreicht haben, achten Sie darauf, dass dies klar formuliert und lesbar geschrieben ist und fragen Sie in die Runde, ob alle Teilnehmenden sich mit der formulierten Vision identifizieren können.
• SCHRITT 9 – OUTRO | 10 MINUTEN
Verbleibe, Erfüllung der Erwartungen klären, Feedback für Moderation und Verabschiedung

Tipp
:
Lesen Sie zur Gestaltung des Outros die Anleitung „Grundlagen für Workshops“.


VORLAGEN & BEISPIELE

WEITER ARBEITEN

Bei diesem Workshop ist eine gute Dokumentation der Ergebnisse besonders wichtig. Fotografieren Sie alle Bilder sowie Moderationskarten und digitalisieren Sie die entstandene Vision. Stellen Sie den Teilnehmenden alle Unterlagen in digitaler Form zur Verfügung. Im Nachgang ist es wichtig, dass die Vision innerhalb des Vorhabens verbreitet und stets angepasst wird.
Basierend auf der ausformulierten Vision können konkrete Ziele für das Vorhaben erarbeitet werden, die sich aus der Vision ableiten. Dabei können Sie folgendermaßen vorgehen:
• SCHRITT 1 – ZIELE ERARBEITEN I 15 MINUTEN
Diskutieren Sie gemeinsam mit den Teilnehmenden, welche Ziele sich aus der Vision ableiten lassen. Diese Ziele stellen Meilensteine und konkrete Ergebnisse dar, die für die Umsetzung der Vision erreicht werden müssen. Sie geben die Rahmenbedingungen für das Handeln des Vorhabens vor und machen Erfolge messbar. Fassen Sie die Ziele auf blauen Moderationskarten zusammen. Sollte es Abhängigkeiten zwischen den Zielen geben, stellen Sie diese visuell dar. Definieren sie, wenn nötig, Oberziele und clustern Sie die Ziele entsprechend.
Tipp:
Die Ziele müssen in aktiver Sprache und in Gegenwart definiert werden. Achten Sie außerdem darauf, dass die Ziele SMART formuliert werden:
S = Spezifisch (klare, unmissverständliche Formulierung)
M = Messbar (überprüfbare und kontrollierbare Ziele)
A = Attraktiv (Positiver Endzustand wird angestrebt, der für das Vorhaben relevant ist)
R = Realistisch (machbare, erreichbare Ziele)
T = Terminiert (Festlegung konkreter Zeitpunkte zu denen Ziele erreicht sein sollen)
• SCHRITT 2 – ZIELE PRIORISIEREN I 10 MINUTEN
Verteilen Sie drei Klebepunkte an die Teilnehmenden und bitte Sie sie, diese an die drei Ziele zu verteilen, die sie am wichtigsten finden. Geben Sie den Teilnehmenden hierfür fünf Minuten Zeit. Priorisieren Sie die Ziele anschließend, indem Sie die Moderationskarten entsprechend der Punktanzahl sortieren.
ANLEITUNG VON ZOÉ WEKWERTH UND STEFAN PETZOLT, INSTITUT FÜR INNOVATION UND TECHNIK (IIT), Stand Juli 2021