Als Vorlagen bietet sich die Nutzung von Geschäftsmodellmusterkarten an, beispielsweise die 55+ Karten zur Entwicklung von Geschäftsmodellen des St. Galler Business Model Navigators. Die Muster in diesem Karten-Set basieren auf einer Forschungsarbeit an der Universität St. Gallen, in der aufgezeigt wurde, dass über 90 % aller Geschäftsmodellinnovationen Rekombinationen der gleichen 55 Geschäftsmodelle sind. Der St. Galler Business Model Navigator stellt diese Muster übersichtlich dar. Auf jeder Karte findet sich eine Beschreibung des Musters sowie entsprechende Fallbeispiele von Unternehmen, die dieses Geschäftsmodell anwenden. Inspiriert von den 55+ Business Model Pattern Cards wurde das GEMINI-Geschäftsmodellmuster-Kartenset entwickelt. Dieses Kartenset umfasst 74 Geschäftsmodellmuster und eine Strukturierung der Geschäftsmodelle in drei Hierarchieebenen, 22 Geschäftsmodellmustergruppen und sechs Stoßrichtungen. Neben der Einordnung in diese Kategorien verfügt jede Karte über eine Beschreibung des Geschäftsmodells sowie einer Auflistung der Kernelemente des Geschäftsmodells, entsprechender Unternehmens-Beispiele und kompatibler Muster.
VORGEHEN
Vorbereitung | 20 Min.
Bereiten Sie für alle Teilnehmenden Schreibpapier, Post-its und Stifte vor. Sorgen Sie dafür, dass es eine geeignete Fläche (Tafel, Pinnwand, Whiteboard etc.) gibt, auf der Sie die beschriebenen Post-its der Teilnehmenden sammeln können. Wählen Sie außerdem im Vorhinein die Geschäftsmodellmuster aus, mit denen Sie im Workshop arbeiten wollen. Hierfür gibt es zwei Ansätze: das Ähnlichkeits- und das Konfrontationsprinzip. Beim Ähnlichkeitsprinzip werden Muster ausgewählt, die gut zum Vorhaben passen und von Unternehmen in ähnlichen Branchen angewandt werden. Daher fällt es den Teilnehmenden in der Regel leichter, anhand dieser Muster Ideen zu generieren. Diese sind jedoch häufig wenig innovativ. Muster, die nach dem Ähnlichkeitsprinzip ausgewählt wurden, eignen sich beispielweise zum Einstieg in die Methode oder bei einer konkreten Problemstellung. Beim Konfrontationsprinzip werden Muster ausgewählt, die auf den ersten Blick nicht zum Vorhaben passen und möglichst branchenfremd sind. Diese erfordern mehr Kreativität von den Teilnehmenden und führen häufig zu weniger Ideen, allerdings sind die Ideen, die entstehen oft disruptiver, im Vergleich zum Ähnlichkeitsprinzip. Wählen Sie Muster nach einem oder beiden Ansätzen aus und legen Sie diese für den Workshop bereit.
Durchführung | 2,5 Stunde
• SCHRITT 0 – INTRO | 15 MINUTEN
Beginnen Sie den Workshop mit einem kurzen Intro, in dem Sie die Teilnehmenden begrüßen und Ihnen einen Überblick über den Workshop-Ablauf geben. Wichtig ist auch, dass Sie die Erwartungen der Teilnehmenden an den Workshop erfassen (am besten visuell) und ausgehend davon den Scope, des Workshops abstimmen. Der Scope beschreibt die Ziele und den Umfang des Workshops. Machen Sie deutlich, dass es in diesem Workshop darum geht, Ideen zur Ausgestaltung des Geschäftsmodells in einem kreativen Brainstorming-Prozess zu generieren. Es ist ebenfalls wichtig zu betonen, dass dieser Workshop keinesfalls auf die Beschreibung kompletter Geschäftsmodelle abzielt, sondern bestimmte Aspekte des Geschäftsmodells abgebildet werden sollen. Wenn sich die Teilnehmenden noch nicht kennen, bietet es sich an, eine kurze Vorstellungsrunde einzuplanen. Auch ein Warm-up ist empfehlenswert, um die Teilnehmenden auf den Workshop einzustimmen. Dabei kann das Warm-up als separater Punkt betrachtet werden oder mit der Vorstellungsrunde oder der Besprechung der Erwartungen kombiniert werden.
Tipp:
• SCHRITT 1 – DEFINITION DES GESCHÄFTSMODELLBEGRIFFS | 5 MINUTEN
Vor der Übung ist es wichtig, dafür zu sorgen, dass ein einheitliches Verständnis dafür besteht, was ein Geschäftsmodell ist. Erklären Sie den Begriff sowie die Aspekte eines Geschäftsmodells kurz. Hierfür bietet sich das magische Geschäftsmodell Dreieck der Universität St. Gallen an, das ein Geschäftsmodell in vier Dimensionen abbildet und diese in einem Dreieck darstellt. Weisen Sie die Teilnehmenden auch darauf hin, dass die Geschäftsmodellmuster meist eine oder mehrere der vier Dimensionen adressieren (z.B. Razor and Blade – Ertragsmodell).
1. Dimension: Kund:innen – Wer ist die Zielgruppe?
Für ein erfolgreiches Geschäftsmodell müssen die relevanten Kund:innensegmente identifiziert werden. Kund:innen stehen immer im Zentrum des Geschäftsmodells.
2. Dimension: Wertversprechen – Was wird angeboten?
Das Wertversprechen beschreibt alle Leistungen eines Unternehmens, die den Zielkund:innen angeboten werden, um deren Bedürfnisse zu befriedigen.
3. Dimension: Wertschöpfung – Wie wird die Leistung erstellt?
Die dritte Dimension betrachtet die Prozesse und Aktivitäten, die durchgeführt werden müssen sowie die involvierten Ressourcen und Fähigkeiten, um das Wertversprechen zur Verfügung stellen zu können.
4. Dimension: Ertragsmodell – Wie wird Wert erzielt?
Das Ertragsmodell beinhaltet Aspekte wie Kostenstruktur und Umsatzmechanismen. Es beschreibt also, wie das Geschäftsmodell finanziellen Wert generiert.
• SCHRITT 2 – Einführung Methode/Kartensets | 5 MINUTEN
Wenn Sie ein Kartenset nutzen, erläutern Sie den Teilnehmenden den Hintergrund zu der Entstehung und Logik der Karten (siehe „Methode“). Geben Sie im Anschluss einen Überblick über das Vorgehen der nachfolgenden Übung: Jede Gruppe bekommt sechs bis acht Musterkarten. Es werden jeweils eine Geschäftsmodellkarte sowie die entsprechenden Beispiele auf der Karte vorgelesen. Danach haben die Teilnehmenden jeweils maximal zehn Minuten Zeit, um Ideen zu sammeln, wie dieses Geschäftsmodell für das eigene Vorhaben adaptiert werden könnte. Wird beispielsweise „Subscription“ als Geschäftsmodellmuster genannt, können die Teilnehmenden überlegen, wie Sie ein Abo-Modell auf ihre Geschäftsidee anwenden würden und welche Produkte/Services im Abo angeboten werden könnten. Die Ideengenerierung erfolgt gemeinsam in der Gruppe, das heißt, dass jede Idee laut geäußert und dann auf einem Post-it festgehalten wird. So können Teilnehmende mit ihren Ideen aufeinander aufbauen, aber natürlich auch komplett neue Ideen äußern.
Tipp:
Lesen Sie eine der Geschäftsmodellmusterkarten, die für den späteren Workshop nicht benötigt wird vor, sodass die Teilnehmenden ein Gefühl für die Methode bekommen.
• SCHRITT 3 – Aufstellen Brainstorming-Regeln | 5 MINUTEN
Folgende Brainstorming-Regeln sollten aufgestellt werden, um eine kreative und produktive Zusammenarbeit sicherzustellen:
• Jede Idee, die den Teilnehmenden in den Sinn kommt, wird der Gruppe mitgeteilt (ersten Impulsen folgen).
• Jede dieser Ideen wird auf einem Post-it notiert.
• Quantität über Qualität: Es geht darum eine Vielzahl an Ideen zu sammeln, die Selektion erfolgt später.
• Es darf groß gedacht werden: Alles ist erlaubt.
• Auf gegenseitige Kritik und Killerargumente wird komplett verzichtet.
• Zehn-Sekunden-Regel: Jede Idee sollte in 10 Sekunden artikulierbar sein.
• Die Ideen dürfen und sollen aufeinander aufbauen.
• SCHRITT 4 – EINTEILUNG IN GRUPPEN | 2 MINUTEN
Wenn Sie mit mehr als sechs Teilnehmenden arbeiten, unterteilen Sie die Gruppe in zwei kleinere Gruppen mit jeweils drei bis sechs Teilnehmenden. In diesem Fall benötigen Sie entweder eine zweite Moderation, die in der zweiten Gruppe die Geschäftsmodellmusterkarten vorliest, oder Sie bestimmen dafür eine:n der Teilnehmende:n. Wenn Sie mit dem Ähnlichkeits- und dem Konfrontationsprinzip arbeiten, gibt es zwei Optionen, wie Sie vorgehen können.
Option 1:
Geben Sie einer Gruppe nur Geschäftsmodellmusterkarten die nach dem Ähnlichkeitsprinzip ausgewählt wurden und der anderen Gruppe dementsprechend Karten, die nach dem Konfrontationsprinzip ausgewählt wurden. Kommunizieren Sie diese Unterteilung nicht an die Teilnehmenden.
Option 2:
Nutzen Sie in beiden Gruppen sowohl ähnliche als auch konfrontierende Geschäftsmodellkarten.
• SCHRITT 5 – KREATIVE BRAINSTORMING SESSION | 60 MINUTEN
Lesen Sie nun nach und nach die Geschäftsmodellmusterkarten vor, jeweils gefolgt von einer maximal zehn-minütigen Ideengenerierungsphase. Die zehn Minuten müssen nicht ausgereizt werden. Wenn Sie merken, dass keine Ideen mehr geäußert werden, können Sie zur nächsten Karte übergehen. Bei der Ideengenerierung äußern die Teilnehmenden ihre Geschäftsmodellideen zunächst und formulieren diese dann kurz und prägnant auf Pos-its. Pro Gruppe können Sie sechs bis acht Musterkarten vorgeben. Das Brainstorming an sich sollte nicht länger als eine Stunde dauern, damit die Konzentration der Teilnehmenden nicht nachlässt.
• SCHRITT 6 – EVALUATION UND KONSOLIDIERUNG DER IDEEN | 20 MINUTEN
Nach der kreativen Arbeit werden die generierten Ideen evaluiert. Am besten bestimmen Sie dafür zwei Dimensionen anhand derer die Ideen bewertet und eingeordnet werden. In den meisten Fällen ist eine Einordnung anhand der Dimensionen zeitliche Realisierbarkeit & Marktpotential sinnvoll. Zeichnen Sie ein entsprechendes Diagramm auf, in dem die Dimensionen abgebildet sind und bitten Sie die Teilnehmenden nacheinander, ihre gesammelten Ideen in dem Diagramm einzuordnen. Dabei sollten die Teilnehmenden auch darauf achten, ob Ideen eventuell konsolidiert oder kombiniert werden können.
• SCHRITT 7 – AUSWAHL DER VIELVERSPRECHENSTEN IDEEN | 15 MINUTEN
Vergeben Sie drei Klebepunkte an die Teilnehmenden und bitten Sie sie für die Ideen zu stimmen, die sie am interessantesten finden, die am besten passen oder wo sie am meisten Potential sehen. Identifizieren Sie danach die Ideen mit den meisten Stimmen. Da viele der Ideen nur einzelne Aspekte des Geschäftsmodells (z.B. Erlösmodell) abbilden, überlegen Sie am Ende gemeinsam, ob einige der Ideen sich besonders gut kombinieren lassen und sich gegenseitig ergänzen.
Option:
Wenn Sie mit zwei kleineren Gruppen arbeiten, planen Sie ca. 20 Minuten mehr ein, damit sich die beiden Gruppen Ihre besten Ideen vorstellen und auch hier noch einmal gemeinsam überlegen können, welche Ideen sich gut kombinieren lassen.
• SCHRITT 8 – OUTRO | 10 MINUTEN
Abschließend ist es wichtig, kurz zusammenzufassen, was im Workshop erarbeitet wurde. Ebenso sollte nachgefragt werden, ob die Erwartungen der Teilnehmenden erfüllt werden konnten. Es bietet sich an, dies mit einer Feedbackumfrage für die Moderation zu verbinden. Gegebenenfalls sollten abschließend Verbleibe und Möglichkeiten zur Weiterarbeit mit den Workshopergebnissen besprochen werden.
Tipp: